Best of… August 2007

August – oder „Die unbeschreibliche Macht des Vincent Kennedy McMahon“. Ein Unternehmen mit traumatisierten Angestellten und Anhängern versank in dem Versuch, sich vom besagten Trauma zu erholen. Die Zuschauerzahlen sanken und sanken, die Geschichten waren in ihren Ausprägungen eingeschränkt – niemals stand jeder Schritt, den man bei World Wrestling Entertainment ging unter mehr Beobachtung als in den vergangenen zwei Monaten. Während der Juli vom Chairman persönlich als „Healing Process“ bezeichnet wurde, stellte der August definitiv die Rehabilitation nach der Heilung dar. Zwei Comebacks großer Stars, die brennede Frage nach dem unehelichen Kind von Vince McMahon, eine starke Midcard, neue General Manager und natürlich mit dem Summerslam einer der wichtigsten Pay-Per-Views des Jahres. Ja, und kurz vor Ende des Monats konnte man sich bei aller Spekulation und gleichsam einer vermeintlich neugefundenen Ordnung dann auf einmal gar nicht mehr sicher sein, wen man bei der nächsten Show denn überhaupt noch sehen würde und wen nicht. Bei aller Rehabilitation blieb die Wunde weiterhin präsent. Der August war ein wichtiger Monat, so viel dürfte unmissverständlich klar sein. Der August setzte Akzente, baute Weichen und allem voran stellte er am Ende viel mehr neue Fragen, als dass er alte beantwortete. Das ist das Best of:


Beste Storylines und Fehden
1. John Cena vs. Randy Orton
2. Who’s your daddy…?
3. King Booker vs. Jerry Lawler/Triple H

Die Fehden des John Cena liefen im letzten Jahr eigentlich immer nach dem selben Muster ab, wenngleich seine Gegner auch unterschiedlicher nicht sein konnten. Doch egal ob es ein Shawn Michaels war, ob es Umaga, Khali oder Bobby Lashley waren – die Vorgehensweise war immer dieselbe. John Cena spielte die Rolle, die er aufgrund seines konsequenten Aufbaus nicht mehr rechtfertigen musste. Er war halt der Champ und er war schier unbesiegbar. Einen Champion in dieser Position zu haben, muss das Hochgefühl alles Guten für einen Booker sein, denn die Jagd nach eben diesem Titelträger ist Storyline genug, um damit Wochen der Shows zu füllen und gar zu headlinen. Damit wären wir dann auch schon bei besagtem Muster. Michaels, Umaga, Khali, Lashley – sie alle wurden stark aufgebaut, haben große Pushs erfahren und wurden als „ultimative Bedrohung“ dargestellt. Schema F – und trotzdem kam am Ende eine wichtig erscheinende Geschichte dabei heraus. Dass Cena jedes Mal gewann, störte zwar die Anhänger der Geschichten, die die Bedrohung annahmen und verstanden – es verlängerte aber im selben Moment die bequeme Situation für den Booker und bot dem Fan somit nach einer Enttäuschung schon prompt die nächste Geschichte, in der er aufgehen konnte. Und ja, die Fehde mit Randy Orton und John Cena funktionierte nach exakt diesem Muster. Orton zerstörte Shawn Michaels und Rob Van Dam und wurde über Wochen und Monate zur „Bedrohung Nummer 1“ gepusht. John Cena blieb John Cena, erreichte somit mit wenig Aufwand maximale Effektivität. Und doch, trotz des selben Musters, trotz exakt gleichem Ablauf, hob sich die Orton-Cena-Fehde von allen genannten Parallelbeispielen ab. Das hatte einerseits mit dem schier unausschöpflichen Charisma des Herausforderers zu tun, auf der anderen Seite lag es an kleinen aber ungemein wichtigen Details, wie der Tatsache, dass Cena öffentlich äußerte, dass Randy den Shot verdient hätte. Am Ende entstand ein Main Event für den Summerslam, der nahezu epochal erschien. Zwei aufstrebende Stars, die auf ihrem Zenit um die größte Krone im Wrestling kämpften und deren Ende offener war als jemals zuvor. Man bot nicht nur fast zwei Monate lang erstklassige Unterhaltung im Main Event der RAW-Shows, in meinen Augen schuf man eine neue Messlatte für Storyline-Durchführungen in diesem Jahr.

Ich kann mich noch sehr gut an eine Situation erinnern, die weniger mit Wrestling gar nicht zu tun haben könnte. Kurz nachdem Gerhard Schröder Angela Merkel bei der Besetzung des Bundeskanzler-Postens innerhalb der neugewählten großen Koalition unterlag, wurden zwei Deutsche im Irak gekidnappt. Die Politik, angeführt von seiner neuen Bundeskanzlerin, setzte alles daran, die Geiseln zu befreien. Ohne nennenswerten Erfolg. Eines Morgens hörte ich im Radio, wie der frischgebackene Ex-Kanzler Gerhard Schröder einen Apell an die Entführer richtete und dies wurde von den spöttischen Moderatoren mit den Worten kommentiert: „Jetzt nimmt Vatti das in die Hand.“ Wie gesagt, das hat nichts mit Wrestling zu tun und ist in seiner Tragik und weltpolitischen Bedeutung in keinster Weise mit World Wrestling Entertainment vergleichbar. Und doch musste ich neulich an diese viel erzählte Anekdote denken, nämlich als ich auf WWE.com die Ankündigung las, die einen Auftritt von Vince McMahon bei RAW prophezeite. Mein erster Gedanke: „Jetzt nimmt Vatti das in die Hand.“ Und das tat er. So sehr McMahon auch verschrien ist – und auch ich Möchtegern-Experte bin immer ganz vorne bei den McMahons-raus-den-Shows-Tiraden dabei – er hat es verdammt nochmal wieder bewiesen. Vince McMahon ist World Wrestling Entertainment und allein durch seine Anwesenheit, die neue Storyline um seinen Sohn, die ganzen Seitenhiebe und Entscheidungen, hatte man den krassen Wechsel oder gar Neuanfang in den Shows erzeugt, den WWE nach dem Tode Chris Benoits dringend gebraucht hatte. Es ist großartig, ohne zu sehr zu provozieren. Es macht Spaß, ohne zu albern zu sein. Vom jetzigen Zeitpunkt aus ist es noch schwer zu beurteilen, ob sich die Geschichte um die ungewollte Vaterschaft langfristig als Erfolg auszahlt – seinen kurzfristigen Zweck hat sie aber frei jeglicher Einschränkung zu 100% erfüllt.

Schon bei der ersten Andeutung beim Great American Bash, dass King Booker der Comeback-Gegner von Triple H sein würde, war ich von dieser Idee hellauf begeistert. Auf der einen Seite gab es diese Konstellation in der Form noch nicht und auf der anderen Seite glaubte ich keinen besseren Mann zu kennen, der die Storyline bis zum Summerslam alleine, ohne Triple H, führen könnte als King Booker. Der Aufhänger war klar. Wer ist der dollste König. Schlichtweg genial war die Idee, Booker zunächst gegen Jerry Lawler zu stellen und Triple H immer nur nebenbei zu erwähnen. King of Kings und King of the Ring hin oder her – King Booker ist der König der Promos und stellte dieses Woche für Woche unter Beweis. Jerry Lawler war nicht nur der perfekte Gegenpart, weil er sich auch zufällig „King“ nennte – ihm schaden die Niederlagen gegen Booker nicht und zudem ist er absolut over bei den Fans, was den Status von Triple H’s vermeintlichem Gegner nur stärken konnte. Es ergab sich das, was ich schon nach dem Bash vermutete: Niemand unterhielt als Einzelperson in den letzten Wochen mehr, als es King Booker tat – zwar half das in erster Linie dem Rückkehrer Triple H, aber genau darum geht es nun mal im Sports-Entertainment. Diese Tatsache macht King Booker somit zu einem der wohl stärksten Worker der vergangenen vier Woche und die Storyline zum unterhaltsamsten, was im selben Zeitraum geboten wurde.


Schlechteste Storylines und Fehden
1. Batista vs. The Great Khali
2. Der WWE Gameshow Marathon
3. Big Daddy V vs. The Boogeyman

Größer war die Kluft zwischen den Headliner-Fehden von RAW und Smackdown vermutlich noch nie. Während RAW Geschichte schrieb und Perfektion aufs Papier brachte, verendete Smackdown im absoluten Kreativitäts-Nirvana. Zwar halte ich die Entscheidung, den Great Khali zum neuen World Champ zu kronen noch immer für keine falsche – seine erste Fehde um den Titel ist in meinen Augen dennoch eine Beleidigung an die Fans der Freitagsshow. Der Stern von Batista sank schon während der Fehde mit Edge gewaltig und es war mehr als Zeit, ihn entweder Heel zu turnen oder langsam in der Upper Midcard neu aufzubauen. Beides tat man nicht. Man ignorierte Alternativen wie Kane, Flair oder Hardy – nutze die Chance nicht als Neuanfang und zum Aufbau neuer Männer für den Main Event, sondern spulte die Show ab, die mittlerweile so viele Leid waren anzusehen. Smackdown wurde uninteressant. Nicht wegen des unbeliebten Champions und eigentlich auch nicht wegen Batista, sondern einzig und allein wegen der Tatsache des gemeinsamen Programms der beiden. Das war zwar bequem, aber einfach nicht optimal. Batista gegen Henry und Khali gegen Kane – quasi wie bei WrestleMania, nur in gut – hätte die Smackdown-Shows in meinen Augen wesentlich besser getragen, als der unmotivierte Versuch, aus einem ausgebrannten Batista weiteren Profit zu schlagen. Jetzt kommt Rey Mysterio – und ich vermag echt nicht zu beurteilen, was dabei herauskommt.

Die Entscheidung, William Regal zum General Manager von RAW zu machen, steht an dieser Stelle in keinster Weise am Pranger, denn die ist großartig. Was jedoch sehr wohl am Pranger steht, ist dieser Gameshow-Mist, der uns in den vergangenen Wochen verbunden mit Regal’s Person zugemutet wurde. Okay, dadurch schafft man es, verletzte Charaktere wie Santino Marella präsent zu halten – aber mal ganz ehrlich: Muss man das? Absolut unklar. Ich mag Segmente und bin auch der Meinung, dass nicht jedes Segment zwangsläufig dazu dienen muss, eine Storyline weiterzuführen. Sehe ich mir jedoch eine RAW Show an, bei der neben dem Main Event ausschließlich Squash-Matches uninteressanter Charaktere wie Snitzky gezeigt werden – dann stören mich sinnlos-Segmente wie eine Dating Show mit Santino Marella und Ron Simmons sehr wohl. Besonders beim Gedanken an die vielen großartigen Talente des RAW Rosters, die in voller Wrestling-Montur im Backstage-Bereich sitzen und Däumchen drehen. Ich würd mir da doof vorkommen. Trainiere mein Leben lang, entwickle herausragende Skills, reiße mir den Allerwertesten für mein Unternehmen auf – und sitze in einer unbequemen Umkleidekabine in einer kalten Halle und beobachte ein Date zwischen Maria und Ron Simmons, dass mehr TV Time bekommt als ich im letzten halben Jahr in Summe. Mir mag aber auch einfach der spezielle Bezug zu dieser Interpretation von „Wrestling“ fehlen.

 Die Fehde zwischen Big Daddy V und dem Boogeyman fällt in die Kategorie derer Geschichten, bei denen ich in keinster Weise Drang verspüre, meinen Standpunkt argumentativ untermauern zu müssen. Ich würde beispielsweise auch niemals auf die Idee kommen, Argumente dafür finden zu müssen, warum die Hives eine bessere Band sind als die Vengaboys oder warum The Big Lebowski ein Kunstwerk ist, Matrix Revolutions aber irgendwie nicht. Kennt ihr das? Dass ihr etwas als dermaßen offensichtlich anseht, dass ihr jegliche Begründung für überflüssig erachtet? Dass der Schrei nach Argumenten wie der jämmerliche Versuch zu Fliegen aussieht? Big Daddy V und der Boogeyman gehören jedenfalls für mich in exakt diese Kategorie. Und wenn es jemand wagen sollte, mir dafür Argumente abzuverlangen, bekommt er diese erst, nachdem er ein Konzert der Hives besucht, sich The Big Lebowski angesehen hat und dreimal freihändig um den Häuserblock geflogen ist – und im Anschluss immer noch der Meinung ist, ich müsste Offensichtlichkeit begründen. 

Und sei es nur die Anwesenheit des Chairmans: RAW dominierte den August, wie kaum in den letzten Monaten. Die Smackdown Fehde zwischen MVP und Matt Hardy fand ich zwar sehr nett und auch die Entwicklungen in der Cruiserweight-Szene gefallen mir sehr gut, aber es fällt mir schwer, die Shows derzeit gar in der selben Klasse einzuordnen. ECW überzeugt dazwischen permanent durch eine starke Main Event Fehde, krasse Charaktere die durch wenig TV Time erträglich bleiben und starke Momente wie beispielsweise die Siegesserie von Stevie Richards. Meine Punkteverteilung daher: 2 für RAW, 1 für ECW und nüscht für Smackdown.


Beste Gimmicks
1. William Regal
2. Armando Estrada
3. Stevie Richards

Mit William Regal ist das immer so eine Sache: Er ist großartig am Mikrofon, aber leider in seiner Rolle als Midcarder zu unbedeutend um daraus optimalen Gewinn zu erwirtschaften. Auf der anderen Seite ist er einfach zu großartig im Ring, um ihn seiner Wrestlingklamotten zu berauben und ihn in eine bedeutsame Non-Wrestling-Rolle zu stecken, die wiederum seine Mic-Skills besser ausnutzt. Da man sich weigert, sein Gesamtpaket in voller Gänze auszunutzen – also ihn im Main Event einzusetzen – muss man immer eine Kröte schlucken. Mit der Ernennung zum neuen General Manager von RAW tat man dies und schluckte die Kröte, herausragendes Wrestling zu versäumen. Leider die wohl beliebteste Kröte auf dem französischen Teil der WWE-Speisekarte. Schafft man es aber diesen Umstand zu ignorieren, ist man nicht nur der geborene WWE-Fan, sondern auch gleichsam - so wie ich - ein großer Fan vom neuen General Manager der Montagsshows.

Wobei wir gleich beim nächsten Kandidaten wären. Armando Estrada ist zwar auch durchaus ein Wrestler, jedoch hab ich mir sagen lassen, dass die zu schluckende Kröte, ihn nicht im Ring sehen zu können, wesentlich besser zu verdauen ist, als die des William Regal. Einzige Verschwendung im Bezug auf Estrada wäre der Umstand, in nicht in den Shows auftreten zu lassen. Genau dieser Verschwendung gab man sich in den letzten Monaten hin. Durch einen Verletzungsangle strich man ihn von der Seite Umagas und Estrada verschwand vollkommen aus den Shows von World Wrestling Entertainment. Mit dem Posten den General Managers von ECW hat man nun endlich den absolut perfekten Platz für ich gefunden. Ich liebe einfach die Tatsache, seine Promos nun wöchentlich mit ansehen zu dürfen. Nebenbei betrachtet, stellt die Ernennung eines General Managers für ECW darüber hinaus auch noch einen enormen Wertzuwachs für die Shows dar, da man so in Sachen Bedeutung einen weiteren Schritt näher an die beiden großen Brüder RAW und Smackdown herankommt. Ja, und hätte mich vor vier Wochen jemand gefragt, wen ich am liebsten auf dieser Position sehen würde, wäre der erste Name, den ich nach Paul Heyman und Mr. T genannt hätte vermutlich Armando Alejandro Estrada gewesen.

Mit dem Push von Stevie Richards beweist World Wrestling Entertainment momentan eine gehörige Portion Klasse. Erst das Match zwischen ihm und CM Punk hatte mir letzten Monat überhaupt wieder ins Gedächtnis gerufen, wie unendlich geil Stevie Richards doch sein kann. WWE hatte es tatsächlich geschafft diese Meinung über ihn in mir vollständig zu streichen. Dabei war ich zu Original ECW Zeiten ein so großer Fan von ihm und hatte einen absoluten Mark-Out, als er erstmals in der World Wrestling Federation auftauchte. Die Euphorie sank zwar sehr schnell und war spätestens bei seinem Auftritt als „Dude Love“ an der Seite von Mick Foley vollends verflogen – aber in den vergangenen sechs Wochen habe ich all diese dunklen Jahre meiner Gedanken an einen irrelevanten Stevie Richards verloren. Ich wünsche mir, dass man mit dem Push fortfährt. In drei Wochen benötigen wir einen neuen Gegner für John Morrison, egal ob als Champion oder nicht. Sicherlich ist das für Richards zu früh – aber vielleicht könnte er nach Tommy Dreamer der nächste sein, mit dem der A-List-Boy fehden könnte. Ich fänd’s geil.


Schlechteste Gimmicks
1. Mike Mizanin
2. Santino Marella
3. Duece & Domino

Hoo-rah! Das nenn ich ja wohl man die größte Zeitverschwendung, die ich seit „Zlatko’s Welt“ im internationalen TV gesehen habe. ECW hat ein verdammt großes Handicap und das ist die Sendezeit, die wöchentlich nur halb so groß ausfällt wie die von RAW und Smackdown. Da tut es doppelt weh, dass es gerade in diesem Brand eine Installation wie das Extreme Esposé gibt – welches außer der dreisten Verschwendung von TV Time keinerlei Zweck erfüllt. Jetzt erweitert man diese Farce auch noch um eine weitere Figur und macht es dadurch irgendwie überhaupt nicht besser. Wenn das ganze doch wenigstens irgendeinen Bezug zur Wrestlingshow hätte, würde ich es ja noch einsehen – aber das hat es einfach nicht. Ich wäre sogar damit einverstanden, wenn man Mike Knox wieder den Ort der Veranstaltungen verrät, damit er zur Halle findet und wieder den eifersüchtigen Freund von Kelly Kelly spielt. Aber so ganz ohne Gegner, ohne Geschichte, ohne Fehde. So ohne alles – wären die Mädels vielleicht nett anzusehen, ist das neue Chick-Magnet-Gimmick von The Miz aber lediglich dreiste Verschwendung von Zeit.

Ich habe es weiter oben schon erwähnt: Die Gameshows bei RAW wirken auf mich ein bisschen so, als würde man sie nur veranstalten, um Ron Simmons möglichst oft sein Wort sagen zu lassen und um dafür zu sorgen, dass Santino Marella dem Publikum trotz seiner Verletzung im Gedächtnis bleibt. Den Sinn der letztgenannten Absicht erkenne ich aber einfach nicht. Ich rahme mir doch auch kein durchsifftes Blatt Toilettenpapier ein und häng es mir an die Wand, damit ich mich an meinen letzten Durchfall erinnere. Die Verletzung Marellas ist zwar für ihn persönlich ne blöde Nummer – für alle Beteiligten, also Santino, WWE und die Fans, wäre es doch aber die perfekte Möglichkeit gewesen, ihn aus den Shows zu nehmen und ihm später nach vollständiger Regeneration einen Neuanfang zu gewähren. So ist bis auf einen Heelturn nichts Großartiges passiert. Welche Möglichkeiten man mit einem 1,50m großen Heel bei WWE ausnutzt, hat man in der Vergangenheit ja wohl hinreichend bewiesen. Vermutlich haben die Booker aber einen genialen Plan mit Santino und am Ende werden sie uns alle Lügen strafen. Nunja – ich besorg mir nen Bilderrahmen und lass mich überraschen.

In einer starken Tag Team Szene wären Deuce und Domino vermutlich zwei richtig große Nummern. Schlecht ist nämlich weder ihr grundsätzliches Gimmick, noch sind es ihre In-Ring-Skills. Von daher ging der Gewinn der Tag Team Titles gegen Paul London und Brian Kendrick vollkommen in Ordnung. Was danach kam war aber nur noch peinlich. Beim Draft tradete man alles aus Smackdown hinfort, was irgendwie gegen die Champs hätte fehden können und Duece und Domino standen als Titelträger einer Division dar, die es physikalisch einfach nicht mehr gab. Ich kann mich auch „Weltmeister der Best-of-Kolumnen-Schreiber auf Genickbruch.com“ nennen – wenn ich jedoch der einzige bin, der dies tut, ist der Titel irgendwie nicht viel wert. Der Vergleich ist blöd, das ist die Darstellung von Duece und Domino aber auch. Bei ihrem bisher einzigen PPV-Auftritt als Champions mussten sie gegen Duece’s Daddy und dessen Sandkastenkumpel ran, weil es keine anderen Gegner im Roster gab. Und letztlich haben sie nun die Gürtel auch noch verloren, an ein Team welches eigentlich gar keines ist. Es fällt mir wirklich schwer, eine Perspektive für Duece & Domino in ihrer jetzigen Position  zu erkennen.

Gimmickwrestling ist derzeit einfach nirgends präsenter als bei der ECW. Viel davon wird langfristig sicherlich auf den Gimmick-Schrottplätzen der Wrestling-Websites dieser Welt landen – unterhaltsam sind sie aber trotzdem. Und mit Morrison, Punk, Stryker, Burke und vielen anderen gibt es auch zahlreiche weitere gute Beispiele neben den genannten Estrada und Richards. Auch in dieser Kategorie sehe ich Smackdown für diesen Monat als Schlusslicht an, erhoffe mir aber baldige Besserung.


Wrestler des Monats
1. Randy Orton
2. Vince McMahon
3. Triple H

Randy Orton wurde in meinen Augen in seiner Fehde mit John Cena zur neuen Referenz für Heels im Sports-Entertainment. Er schaffte es, dass ich mich seit langem wieder brennend auf einen RAW Main Event bei einem PPV freute wie zu besten Mark-Zeiten und es stand für mich absolut außerhalb der Diskussion, dass Orton an diesem Abend neuer WWE Champion werden würde. Okay, das geschah nicht und doch sehe ich den Kampf als einen der wichtigsten Kämpfe von WWE der letzten Monate an – und in erster Linie auch in der Karriere von Randy Orton. Vor drei Jahren besiegte er zwar Chris Benoit, um den großen Titel zu gewinnen, doch war es damals der Anfang vom Ende für den Legendkiller. Heute hat er den großen Kampf verloren, clean, via Pinfall – und doch war das vielleicht sein bester und wichtigster Kampf in der bisherigen Karriere. Randy Orton hat John Cena während des Matches überflügelt, er hat ihn zur Bedeutungslosigkeit degradiert. Es gab nur Aktionen, die Randy Orton austeilte und Aktionen die Randy Orton einsteckte – es gab in diesem Kampf nur Randy Orton. Seine Präsenz war unglaublich und ich bete, so unwahrscheinlich es leider auch ist, dass er keiner der 12 Namen ist, die aufgrund der Wellness Policy suspendiert wurden und er auf dem erreichten Standard weiter gegen Cena kämpfen darf. Wenn das passiert – dann ist das der Beginn der Ära Orton.

Die Rückkehr von Vince McMahon war wie ein Jungbrunnen für World Wrestling Entertainment. Zwar stieg er nicht in den Ring, glücklicher Weise, aber doch ist er wohl momentan der mit Abstand wichtigste On-Air-Charakter der Liga und hat so viel Wind in die Shows gebracht wie lange lange Zeit niemand mehr. Hoffentlich bringt die Wellness-Policy-Affäre keinen Abbruch in die groß angelegte Geschichte um den unehelichen Sohn des Chairmans und hoffentlich gerät McMahon nicht wie so oft zuvor schon durch den Erfolg seines Charakters in einen Wahn, der das WWE TV von McMahons überfluten lässt. Auf jeden Fall hat Vince sein Genie erneut bewiesen, sein Genie als Kopf und als Figur – für die Shows war er nach Ankündigung eines „Healing Process“ somit definitiv die beste Medizin, die man ihnen hätte verabreichen können.

Triple H hat in diesem Monat nur zwei Auftritte gehabt und trotzdem war kaum jemand im August präsenter als er. Einen großen Anteil an dieser Tatsache besitzt sicherlich King Booker und einen noch viel größeren Anteil besitzt die Promotion-Abteilung von World Wrestling Entertainment. Ihnen ist es gelungen, den Menschen weiß zu machen, dass nichts wichtiger für sie ist, als diese eine Tatsache – die Tatsache des Comebacks von Triple H – des Mannes, den sie eigentlich alle hassen. Und es hat funktioniert. Bei mir und bei vermutlich jedem einzelnen Menschen in der Halle des Summerslam und einem gigantischen Anteil derer WWE-Fans, die die Veranstaltung am Fernseher verfolgten. Die Inszenierung seines Einmarsches nahm mehr Zeit in Anspruch als das vorangehende Titelmatch und sorgte bei mir seit langer Zeit mal wieder für Gänsehaut.

Wann kommt der Tag, an dem ein Brand das RAW-Roster überflügelt? Heute ist er definitiv nicht und ich komme nicht umhin, die Höchstpunktzahl an William Regal’s Show zu vergeben. Dadurch, dass ECW auch aufgrund der zu Verfügung stehenden Zeit einfach zu wenig Charakteren zu Bedeutung verhelfen kann, Smackdown hingegen aber bemüht ist, viele seiner Athleten in Geschichten zu binden, geht die Silbermedaille an die Show von Teddy Long und Armando Estrada muss sich hinten anstellen.


Matches und PPV-Tops
1. Cena vs. Orton /Summerslam
2. Kane vs. Finlay /Summerslam
3. Punk vs. Morrison /Summerslam

Ich wiederhole mich in diesem Fall wirklich gerne: Das Aufeinandertreffen zwischen John Cena und Randy Orton beim Summerslam war epochal. Es war wrestlerisch überzeugend, es war stimmungsgeladen, zeitlich umfangreich und fand ein sehr überraschendes Ende. Was wie eine zwanghaft optimistische Auslegung des Cena-Sieges aussehen mag, ist tatsächlich eine ehrliche Einschätzung des Gesehenen. Ich möchte eine Fortsetzung, ich möchte, dass es weiterhin Cena gegen Orton im Main Event von RAW heißt. Und ich möchte den Beginn der Orton Ära.

Zwar befanden sich Finlay und Kane in der wohl uninteressantesten Storyline, die beim Summerslam ausgekämpft wurde, wrestlerisch waren die Zwei an diesem Abend aber wohl die größte Überraschung. Man kann das natürlich an Kane’s Enzuigiri festmachen und oft wird der Kampf auf diese eine – zugegeben herausragende – Aktion reduziert, aber an diesem Abend war es einfach viel viel mehr, was den Kampf zu einem solchen Highlight machte. Zwischen den beiden Kontrahenten scheint im Ring eine ganz spezielle Chemie zu bestehen und ich hab echt richtig Bock, mehr davon zu sehen.

Die Klasse des ECW World Title Matches wurde wieder einmal durch zwei bekannte Sachen behindert: Der Kampf bekam einfach zu wenig Zeit und ein ausgesprochen blödes Ende. Was Punk und Morrison in ihren sieben Minuten zeigten war jedoch technisch absolut sauberes Wrestling, welches man bei WWE einfach viel zu selten sieht. Es wird Zeit für ein Gimmickmatch zum Abschluss der Fehde und wenn man dieses mit der notwendigen Hingabe bookt, dann ist der Erfolg so sicher wie das Amen in der Kirche.

Das Wrestling-Monopol von Smackdown sinkt. In der Cruiserweight Division kämpfen die Stars gegen einen Zwerg, die Tag Team Szene stirbt, der US Champ tritt nur noch in Tag Team Matches an und in der Main Fehde kämpften zwei unbegabte Klötze untereinander aus. Das mag teilweise unterhalten – gutes Wrestling ist aber etwas anderes. Solches bekommt man heute eigentlich regelmäßig nur noch bei der ECW geboten – bei RAW sind Squash-Matches und Showanteile einfach viel zu vorherrschend geworden. Daher 2 Punkte an ECW, einen an RAW und wieder mal keinen an Smackdown.


Das Überflüssigste zum Schluss
1. Who the f*ck is Alejandro?
2. Edelmetall-Mysterio
3. Glamazone

Da freut man sich wie ein kleiner Junge über das Comeback von Armando Alejandro Estrada, da lässt dieser auf einmal seinen zweiten Vornamen einfach weg. Nennt mich Neurotiker – aber das stört mich. Klar, ich gehöre zu diesen Menschen, die verrückt werden, wenn die Lautstärke am Autoradio auf einer ungeraden Zahl steht und verfüge über eine Reihe weiterer Wesenszüge, die eine Parallelität zum Adrian-Monk-Charakter nicht leugnen lassen – aber ich möchte es einfach nicht auf meine Neurosen zurückführen, dass ich das „Alejandro“ vermisse. Ich finde, da hab ich ein Recht drauf. Als Wrestlingfan. So.

Er hat es wieder einmal geschafft. Rey Mysterio hat sich in Sachen Outfits wieder einmal selber übertroffen. Ein paar Gramm zu viel auf den Hüften, mein Gott, das sei ihm verziehen. Ein grimmiger, fast unmotivierter Gesichtsausdruck – okay, nen schlechten Tag haben wir alle mal. Aber diese depperte silberne Farbe auf dem Körper mag vielleicht die Fantastic Four zur Rettung der Welt auf den Plan rufen – glaubwürdiger macht das einen ohnehin schon nicht sonderlich glaubwürdigen Main Eventer wie Mysterio jedoch definitiv nicht.

Beth Phoenix hat die Diva Battle Royal gewonnen und sich damit einen Shot auf den Women’s Title von Candice Michelle verdient. Hm. Ich habe in meinem Leben echt schon relevantere Sachen gesagt. Nunja, die Diven. In der aktuellen FHM-Ausgabe ist übrigens ein mit Fotos gespickter Artikel über Candice Michelle, Torrie Wilson und Maria. Dort hat man zwar Candice und Maria bei der Beschriftung verwechselt und die WWF kurzerhand zur World Wrestling Foundation gemacht, aber zumindest hab ich mich dabei mehr amüsiert als bei… Moment, wie kam ich jetzt nochmal da drauf?


Unterm Strich
1. RAW (6 Punkte)
2. ECW (5 Punkte)
3. Smackdown (1 Punkt)

Ich habe es bereits in der Einleitung erwähnt: Der August war ein wichtiger Monat. Es fällt aufgrund der aktuellen Ereignisse schwer, aus den Geschehnissen, Fehden und Geschichten Tendenzen für die Zukunft abzusehen. Was feststeht ist, dass die WWE 12 Männer aus ihrem Roster suspendiert hat und dass diese Tatsache sicherlich Auswirkungen auf die kommenden WWE Shows haben wird. Für uns, den Fan, kann das aber sicherlich nicht schlecht sein. Überraschungen sind vorprogrammiert und ich mag die Konsequenz, die man nun in der Durchführung des Anti-Drogenprogramms durchzieht.

Nach Showpunkten geht der August an RAW.

Smackdown wird in den nächsten Wochen mit Mysterio gegen Khali vermutlich um eine Sensation reicher, was der Show sicherlich helfen wird. Ebenso kehrt der Undertaker zurück und spätestens dann dürfte es im blauen Main Event wieder heiß her gehen. Auch die Tatsache, dass Triple H wieder da ist, dürfte den September sicherlich bestimmen. Die Vorzeichen sind keine schlechten und ich freue mich drauf.
Auch Euch viel Spaß dabei und wie immer natürlich eine gute Zeit!

Ben